Der Verein stellt sich vor
Nicht ganz so wilde Wilderer
Der Neufahrner
Schützenverein feierte 2010 das 100-jährige Jubiläum
Bis in das ausgehende
Mittelalter reichen die Aktivitäten von Schützen in Neufahrn zurück. So war
schon um 1610 im Turm des Neufahrner Schlosses ein Waffenarsenal untergebracht.
Und Kirchenrechnungen im Thurn- und Taxisschen Zentralrachiv in Regensburg
weisen aus, dass es in Neufahrn stets wohl ein Dutzend junge Männer gab, die
mit einem Vorderlader umzugehen verstanden. In den genannten Rechnungen ist von
einer Geldspende für die Schützen, die an der Fronleichnamsprozession
teilgenommen haben, die Rede. Wo die damaligen Neufahrner Schützen übten ist
nicht bekannt. Aller Wahrscheinlichkeit dürfte dafür der Markt Pfaffenberg in
Frage kommen, der eine Schießstatt besaß.
Die Zimmerschützengesellschaft D`Wilderer Neufahrn wurde 1910 gegründet. In einem Zeitungsartikel aus dem Jahr
1953 wird dazu berichtet: „Herr Postmeister Garbauer ergriff im Jahr 1910 die
Initiative und viele folgten seinem Rufe und bald konnte wieder über Kimme
und Korn der Schuss ins Schwarze gelenkt werden. Postmeister Garbauer wurde 1.
Vorstand, Postadjudant Josef Brunner 2. Vorstand und Georg Maier
Schriftführer.“ Leider sind aus der Gründerzeit nur noch wenige Unterlagen
vorhanden. Dazu zählen die schöne und wertvolle Schützenkette, an der praktisch
jeder Schützenkönig seit 1921 einen Taler anbringen ließ sowie eine Urkunde aus
dem Jahr 1931. Vor dem zweiten Weltkrieg war Clemens Schmalzl 20 Jahre lang
erster Schützenmeister.
Um das Jahr 1950 taten sich
einige Schützen zusammen, um den Verein wieder aufleben zu lassen. Impulsgeber
dabei waren vor allem Clemens Schmalzl und Ludwig Hecht. Ihre Heimat fanden die
Schützen im Gasthaus Ramsauer, das bereits seit der Gründung Vereinslokal
gewesen war und es bis zum Bezug des jetzigen Vereinsheims im Jahr 1982
bleiben sollte.
Schon 1950 waren es zum Jubiläumsschießen, anlässlich des
40-jährigen Bestehens, 115 Schützen, die den Weg nach Neufahrn fanden. Sie kamen bis
aus Straubing, Regensburg, Alteglofsheim, Altdorf oder Hohenthann. Bei diesem
Jubiläum konnte mit Martin Gammel ein Gründungmitglied für 40-jährige
Vereinszugehörigkeit geehrt werden.
Auch das Gesellschaftliche
war von Anfang an wichtiger Bestandteil des Vereinslebens. So wurde im Februar
1952 das Schützenkranzl „als Höhepunkt der Neufahrner Narretei“ angekündigt. 1953
wurde die Fahne der Wildererschützen geweiht. Mehr als 40 Vereine nahmen an dem
Fest teil. Patenverein war der Schützenverein Hohenthann.
1957 wurde im Verein mit
Annemarie Artinger erstmals eine Frau die Schützenkönigin. Im Jahr 1959
beschlossen die „Wildererschützen“ auch, am Gruppenschießen im Labergau, das
waren wohl die Vorläufer der heutigen Gaurundenwettkämpfe, teilzunehmen.
Zum 50-jährigen Jubiläum im
Jahr 1960 richtete der Verein das „Gauschießen“
aus.
Unter der Schirmherrschaft
von Bürgermeister Frankl traten an sechs Schießtagen an den 8 Ständen im Saal
des Vereinslokals 167 Schützen an.
1962 stellten die Wilderer
mit Franz Zeller erstmals einen Gaumeister .
1970 beteiligte sich der
Verein auch am Niederbayerischen Bundesschießen in Zwiesel. Zu diesem Zeitpunkt
hatte der Verein um die 90 Mitglieder. Wie den Aufzeichnungen zu entnehmen ist,
verliefen die 70er Jahre relativ ruhig und in geordneten Bahnen.
1979 wurde ein neuer
Schießstand im Gasthaus Ramsauer angeschafft, weil der alte den Anforderungen
nicht mehr entsprach. Dabei wurde der Schießbetrieb auch vom Gast-/Nebenzimmer
in den Saal verlegt. Außerdem wollte man mit dem neuen Stand die
Voraussetzungen schaffen, nach längerer
Pause wieder in die Gaurunden-Wettkämpfe einsteigen zu können.
Will man ein Jahrzehnt im
Vereinsleben besonders herausheben, dann waren das sicher die 80er Jahre. Zum
Einen erhielten die Schützen ihr eigenes Schützenheim. In zahllosen
Arbeitsstunden bauten die Wilderer eine Scheune der Gemeinde zum Schützenheim
um und aus. Schon am 8. Dezember 1982 fand das erste Übungsschießen im neuen
Schützenheim statt. Die offizielle Einweihung musste aber noch zwei Jahre
warten. Sie wurde am 8. September 1984 durchgeführt.
Zum Zweiten sind es die
sportlichen Erfolge. Die erste Mannschaft nach dem Einstieg in die
Gaurundenwettkämpfe 1980 ungeschlagen den Durchmarsch von der C-Klasse bis in
die Bezirksliga und errang dabei 46 Siege in Folge. Beteiligt daran waren die
Schützen Alois Heinrich, Anton Holmer, Ulrike Holmer, Günther Winzinger, Georg
Kellerer und Dr. Max Ohneis. Später wurde dann die Bezirksoberliga erklommen.
Maßgeblichen Anteil am
Aufschwung hatte sicher die Schützin Ulrike Holmer, der sportliche Erfolge auch
der Gemeinde große Ereignisse bescherten. So gab es 1983 einen großen Festzug
und einen Festakt in Neufahrn, als Ulrike Holmer als Mannschaftsweltmeisterin
der Damen im Luftgewehrschießen nach Neufahrn zurückkehrte. Am 2. August 1984
waren ab 18 Uhr die Straßen in Neufahrn wie leegefegt, denn da hatte Ulrike
Holmer ihren Wettkampf bei den olympischen Spielen in Los Angeles. Nach dem
Wettkampf änderte sich das schlagartig: Die Kirchenglocken läuteten für zehn
Minuten, die Feuerwehr fuhr mit Lautsprecher durch das Dorf und die Menschen
strömten auf die Straßen und vor dem Rathaus wurden die Fahnen gehisst. Ulrike
Holmer hatte im Kleinkaliber-Dreistellungskampf bei den olympischen Spielen die
Silbermedaille geholt. Das Straßenfest
dauerte bis in den frühen Morgen.
Am 15. August 1984 kehrte Ulrike
Holmer dann aus Los Angeles zurück. Mit Bussen und Spielmannszug wurde se am
Münchner Flughafen empfangen. Über Landshut und Ergoldsbach ging die
Triumphfahrt bis man in Neufahrn ankam, wo rund 10000 Zuschauer die Straßen säumten,
obwohl Neufahrn nur 2000 Einwohner hat. Bürgermeister Josef Obermeier überreichte
der Silbermedaillengewinnerin die Neufahrner Goldmedaille.
Große Verdienste um die
Wildererschützen hat sich Josef Schmalzl erworben. Nachdem er 26 Jahre lang die
Geschicke des Vereins als erster Schützenmeister maßgeblich mitbestimmt hatte,
trat er bei der Jahreshauptversammlung im Februar 1989 nicht mehr zur
Wiederwahl an, er wurde zum Ehrenschützenmeister des Vereins ernannt.
Der sportliche Höhenflug
hielt bis in die 90er Jahre an. In der Saison 1992/93 hatten die Wilderer sechs
Luftgewehrmannschaften und zwei Luftpistolenmannschaften im Einsatz. Und der
Verein trug wie schon seit Bestehen immer zum gesellschaftlichen Leben in der
Gemeinde bei: Sei es bei der Aktion Vereine stellen sich vor, sei es bei
Umweltreinigungsaktionen, sei es durch Durchführung von Dorfmeisterschaften im
Luftgewehrschießen oder sei es der Kappenabend im Fasching. Ein Ereignis aus
den 90er sei noch erwähnt: 1997 wurde die Fahne restauriert und erhielt dann
wieder den kirchlichen Segen durch Pfarrer Six.
Zum 90-jährigen Jubiläum im
Jahr 2000 wurden die Wildererschützen ins Vereinsregister eingetragen und
heißen seitdem offiziell „Zimmerschützengesellschaft D’Wilderer Neufahrn e. V.“
Bei der Dorfmeisterschaft zum Jubiläum
nahmen 28 Mannschaften mit mindestens 140 Schützen teil.
Die Nachwuchsarbeit wurde in
den letzten Jahren wieder intensiviert, so dass im Jahr 2003 wieder eine
Mannschaft in der Gauschülerrunde startete.
Dass die Kameradschaft und
der Zusammenhalt bei den Wilderern groß geschrieben werden, ist in diesem
Aufsatz schon mehrfach angeklungen. Warum wir es hier noch einmal erwähnen?
Weil zur Weihnachtsfeier 2003 dafür ein beeindruckendes Beispiel sichtbar
wurde: Johann Meier konnte in jenem Jahr eine Urkunde für 50 Jahre
Mitgliedschaft überreicht werden.
2005 wurde das Schützenheim
erweitert. Wieder leisteten die Mitglieder zahlreiche Einsatzstunden, um das
Schützenheim zum heutigen Erscheinungsbild und Glanz zu bringen.
Sportlich schlagen sich die
Wildererschützen recht wacker im Schützenlabergau. Derzeit sind eine
Luftpistolenmannschaft in der Gauliga 2 und vier Luftgewehrmannschaften im
Einsatz, und zwar in der Gauliga 1, in der C-Klasse, Gruppe 1 und drei, und in
der D-Klasse, Gruppe 3.
Weil große Ereignisse
bekanntlich ihren Schatten vorauswerfen, wurde Mitte 2007 eine außerordentliche Mitgliederversammlung
einberufen, die einen Festausschuss zum 100-jährigen Vereinsjubiläum berief.
Dieser arbeitet seither mit Hochdruck daran, dass dieses Jubiläum vom 30. April
bis 2. Mai 2010 ein Ereignis wird, an dem alle Bürger Neufahrns und die Gäste
von nah und fern viel Freude haben.